[…] Rezension | Melissa Broder „Fische“ [Vorheriger Beitrag] […]
Übersetzt von: Eva Bonné | 352 Seiten | Einzelband | „The Pisces“ (Original) | 02.07.2019 | Ullstein Buchvererlage| 10,00€ | Hier kaufen
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Inhalt
Fische ist ein Roman über eine obsessive Liebe, der Unwirkliches so selbstverständlich in einen Gegenwartskontext einbettet, dass es heutiger nicht sein könnte. Lucy verliebt sich in Theo, den Meermann, dessen Fischschwanz unterhalb der Lenden beginnt. Als Undine 4.0 zwingt er sie, alles, was sie über Liebe, Lust und die Bedeutung des Lebens zu wissen geglaubt hat, neu zu ordnen.
Ein phänomenales literarisches Debüt, das schlichtweg elektrisiert.
Erster Satz
Ich war nicht mehr einsam und war es doch.
Meine Meinung
Das Cover hat meine Aufmerksamkeit sofort auf sich gezogen, es wirkt so absurd, dass ich gleich wissen wollte, was dahinter steckt. Auch vom Klappentext war ich schnell begeistert – wie weit kann Liebe gehen bis es zur Obsession wird? Dass Melissa Broder bereits mit ihren Aussagen über Angststörungen, Depressionen, Sex und Liebe auf Twitter relativ erfolgreich ist, ist an mir bisher vorbei gegangen.
Es beginnt mit Lucy, einer Frau Ende 30, die an ihrer Promotion arbeitet und spontan mit ihrem langjährigen Freund Schluss macht. Nachdem sie den Satz ausgesprochen hat, würde sie es am liebsten gleich wieder zurück nehmen, doch ihr (Ex-)Freund schien von der Idee deutlich mehr begeistert. Ihre Welt bricht zusammen, woraufhin ihre Schwester sie zu sich nach Venice Beach holt, wo Lucy auf den geliebten Hund und das Haus aufpassen solle, während sie sich selbst erholt. Zu dieser Erholung gehören auch die Besuche einer Selbsthilfegruppe, um ihre Obsession der Liebe gegenüber unter Kontrolle zu bringen. Doch währenddessen trifft sie am Strand auf Theo und eine neue Obsession scheint sich zu bilden.
Lucy ist 39 Jahre alt und schlägt sich durchs Leben, indem sie seit 9 Jahren, eher unmotiviert und von der Uni bezahlt, promoviert. Sie ist sehr impulsiv und obsessiv, vor allem was die Liebe angeht und definiert sich selbst fast nur über ihre Partner. Nach der langjährigen Beziehung stürzt sie sich in erfolglose One-Night- Stands, um das Gefühl des Begehrt-Werdens nicht zu verlieren und reitet so immer tiefer in ihre Probleme.
Mich mit ihr zu identifzieren war unmöglich. Sie war mir zwar nicht grundsätzlich unsympathisch, aber wirklich mögen konnte ich sie doch nicht. Es wirkte bis zum Schluss so, als würde sie sich gar nicht wirklich helfen lassen wollen, was für mich das größte Problem ausgemacht hat. Sie sieht sich besser, als die anderen Therapie-Mitglieder und gesteht sich ihr eigenes schon gefährlich werdendes Problem gar nicht ein. Sie handelt oft unüberlegt und oft bin ich ihren Gedankengängen gar nicht hinterher gekommen. Für die Liebe würde sie vermutlich alles tun – auch wenn es andere verletzten würde.
Der Schreibstil ist … besonders. Wie gesagt war mir Melissa Broders Humor und Schreibstil nicht im Vorfeld durch ihre Tweets bekannt und ich wurde irgendwie ein wenig überrumpelt. Es ist sehr direkt, teilweise auch zu pervers. Ich würde mich nicht als prüde bezeichnen, doch nach einigen – sehr bildhaft beschriebenen – Szenen hätte ich gerne wieder vergessen, was ich soeben gelesen hatte. Die ruhigeren Szenen habe ich allerdings ganz gerne gelesen, wenn es um die Obsessionen selbst geht, um die Gefühle, die Sex-Szenen im Gegensatz waren nichts für mich. Allgemein würde ich sagen, dass Melissa Broder einen sehr schönen Schreibstil haben kann und teilweise wirklich schöne und poetische Passagen schaffen konnte, sich das aber durch die vulgären Szenen bei mir verspielt hat.
Insgesamt ist der Roman vollkommen anders, als ich ihn mir vorgestellt hatte, auch wenn ich anfangs überhaupt nicht wusste, was mich erwarten könnte.
Ich weiß gar nicht recht, wie genau ich meine Gedanken zusammen fassen soll. Wie bereits erwähnt finde ich das Thema rund um obsessive Liebe sehr interessant und war wirklich gespannt. Ich fand es spannend, neben Lucy auch weitere Frauen kennen lernen zu dürfen, die wir in der Selbsthilfegruppe für „Liebeskranke“ getroffen haben. Auch schön fand ich den Ansatz der Beziehung zwischen Lucy und dem Hund der Schwester – das verspielt sich allerdings in dem Moment, in dem Theo in ihr Leben tritt und Lucy zeigt, wie egal ihr andere sind, solange sie die Befriedigung für ihre Liebes-Sucht erhält.
Allgemein war der Roman eher deprimierend und herunter ziehend, als motivierend und vielleicht sogar inspirirend für Leser, denen es mit der Liebe ähnlich wie Lucy ergeht. Allerdings denke ich, dass eher das Gegenteil bewirkt würde und es oft zudem auch sehr triggernd wirkte.
Das Ende hingegen hat mich wieder wahnsinnig fesseln können. Für mich kam es nicht aus dem Nichts, dennoch hat es mich positiv überrascht zurück gelassen. Besonders weil es endlich Lucys Stärke zeigt und mich ein wenig motivierter zurück lässt. Wäre ein größere Teil des Buches in dem Stil der letzten 20-30 Seiten hätte es mir vermutlich wahnsinnig gut gefallen können.
Fazit
Ein interessanter Roman, den ich vermutlich nicht schnell vergessen werde – aus diversen Gründen. Das spanndene Thema der Obsession wird für mein Empfindung in die falsche Richtung vertieft, die Protagonistin konnte mir kein großes Identifikationspotential bieten und die Autorin hat mich oft mit perversen Sex-Szenen überrumpelt. Ich schätze, ich bin die falsche Zielgruppe für dieses Buch, das mich vermutlich in einigen Jahren mehr begeistert hätte. Doch mein Geschmack wurde heute nicht getroffen.
Trotzdem ein großes Dankeschön an den Ullstein Verlag für die Bereitstellung eines Rezensionsexemplars!
Dana says
Hallo liebe Lara,
eine tolle Rezension, du hast einen super Eindruck von dem Buch gegeben und den nachvollziehbar dargelegt! Das Buch klingt echt … merkwürdig. 😀 Ich weiß gerade nicht, ob es mich fasziniert oder eher nicht. ^^ Wobei ich nicht weiß, ob ich damit klarkommen würde …
Liebe Grüße
Dana
Lara says
Danke für deinen lieben Kommentar, schön dass meine Rezension so nachvollziehbar für dich ist! 🙂
Meins war es nicht, aber vielleicht gefällt es dir ja!