469 Seiten | San Teresa University #1 | 30.04.2020 | LYX Verlag | 12,90€ | Hier kaufen
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Inhalt
Ihr größter Traum war es, endlich frei zu sein. Niemals hätte sie gedacht, dass sie ihr Herz dabei verlieren würde
Raelyn Miller kann es kaum erwarten, ihr Studium in Kalifornien zu beginnen und weit weg von zu Hause noch einmal ganz von vorn anzufangen. Doch schnell stellt sie fest, dass es gar nicht so leicht ist, auf eigenen Beinen zu stehen und dass ihr altes Leben sie stärker im Griff hat, als sie dachte. Vor allem, als sie den geheimnisvollen Hunter kennenlernt, zu dem sie sich magisch hingezogen fühlt, obwohl er doch alles verkörpert, was Raelyn endlich hinter sich lassen wollte …
Erster Satz
Freiheit. Sie schmeckt wie Vanilleeis und Eiskaffee.
Meine Meinung
Das Cover hat mich mit seinen sommerlichen Farben gleich angesprochen und der Klappentext hat mir eine schöne, sommerliche College Geschichte versprochen, die dennoch einen gewissen Tiefgang hat. Ich habe im Vorfeld noch keine einzige Rezension gelesen und bin sehr unvoreingenommen an das Buch heran gegangen.
Raelyn kommt ursprünglich aus New York, reist allerdings nun durch das halbe Land, um in San Teresa zur Uni zu gehen. Das schüchterne Mädchen möchte am liebsten so weit wie möglich von ihrem alten zu Hause weg und beginnt nun in Kalifornien, Kommunikation zu studieren. Allerdings hat sie sich das ganze etwas einfacher vorgestellt, vor allem das Ding mit dem Freunde finden fällt ihr schwer. Bis sie auf Kate trifft, die sie unter ihre Fittiche nimmt und ihr den geheimnisvollen Hunter vorstellt, zu dem sie sich gleich hingezogen fühlt…
Raelyn ist eine sehr verunsicherte junge Frau, die aufgrund früherer Erfahrungen und Erlebnisse, sowie dem Einfluss ihrer Mutter, sehr abgeschirmt lebt. Sie hat große Angst vor (fremden) Menschen und ihr fällt es schwer, mit anderen zu sprechen. Sie macht es lieber anderen recht, als sich selbst und macht es sich selbst dadurch noch schwerer. Sie hat wenig Lebenserfahrungen, die sie auf das wahre Leben hätte vorbereiten können und ist deswegen häufig sehr naiv.
Hunter im Gegensatz kümmert sich nicht um seine Mitmenschen. Er hat einen kleinen, ausgewählten Kreis von sehr guten Freunden und mehr braucht er nicht. Er studiert Musik und produziert aktuell gemeinsam mit anderen Musikern ein eigenes Album. Er könnte tagelang in seine Arbeit versinken, nicht schlafen oder essen und hört erst auf, wenn er dazu gezwungen wird. Er verrät nicht viel über sich selbst und möchte seine Dämonen lieber selbst in den Griff bekommen.
Raelyn und ich sind uns ähnlicher, als ich zugeben möchte. Ehrlich gesagt habe ich mich in vielen der Situationen selbst wieder erkannt und bin ein wenig über mich selbst schockiert. Ich verstehe ihre Angst vor Menschen, ich spreche nicht gerne vor anderen und verhaspel mich selbst schnell, wenn ich es doch tue. Ich entschuldige mich zu oft, genau wie Rae und gucke immer erst, ob es allen anderen gut geht. Und Gott, ist das anstrengend für das Gegenüber! Ich hätte Rae so gerne so oft geschüttelt und ihr gesagt, dass sie nicht das fünfte Mal in Folge entschuldigen muss, als ich gemerkt habe, dass ich es genauso tue und es mir nie wirklich auffällt. Irgendwie hat mir das Buch in dem Sinne die Augen etwas öffnen können und ich habe gemerkt, wie anstrengend dieses Verhalten wirklich für beispielsweise meinen Freund sein muss. Das ist auf jeden Fall schon mal ein positiver Nebeneffekt dieses Buches, denn daran möchte ich nun auf jeden Fall arbeiten!
Aber kommen wir Raelyn zurück. Obwohl wir beide uns so ähneln, konnte ich nicht viel mit ihr als Charakter anfangen. Erst zum Ende hin werden wir ein wenig über ihre Vergangenheit aufgeklärt, doch haben mir die wenigen Sätze dazu nicht gereicht. Es steckte so viel Potential in ihr und ihrer Familiengeschichte, das aus meiner Sicht sehr verschenkt wurde. Auch das Verhältnis zu ihrer Mutter fand ich lange Zeit sehr unerklärt, bis es schlagartig aufgelöst wurde. Da hätte ich mir einfach mehr logische Aufarbeitung gewünscht.
Hunter konnte ich lange Zeit überhaupt nicht einschätzen. Er wirkte wie ein wahrer Workaholic, der immer und immer arbeitet, doch es steckt weitaus mehr dahinter. Zudem lebt er stets sehr zurückgezogen, zeigt hin und wieder aber auch seine große Abenteuerlust. Ich bin lange Zeit einfach nicht schlau aus ihm geworden. Allgemein hatte ich das Gefühl, dass ihn nicht viel ausmacht, außer seine Musik und die Tatsache, dass er so mysteriös ist. Auch Raelyn hat er stets unterschiedlich behandelt, er war oft etwas ignorant ihr gegenüber und im nächsten Moment der größte Prinz…
Auch die Nebencharaktere möchte ich kurz ansprechen. Kate, die selbstbewusste und extrovertierte Studentin, die Raelyn gleich unter ihre Fittiche genommen hat, ist wunderbar. Sie hat ordentlichen Schwung und Witz in die Handlung gebracht und ist gleichzeitig eine sensible und wahre Freundin für Raelyn. Ich freue mich schon total auf den 2. Teil mit ihrer Geschichte.
April, die dritte im Bunde, konnte ich ebenso wie Hunter kaum einschätzen. Teils ist sie lieb und kümmert sich um Raelyn, teils ist auch sie etwas abgeneigt und scheint genervt. Dennoch bin ich auch auf ihre Geschichte gespannt.
Aber kommen wir erst einmal wieder zurück zur Geschichte von Raelyn und Hunter. Der Roman ist in der Ich-Form, aus wechselnden Perspektiven geschrieben worden. Der Schreibstil war sehr angenehm zu lesen und durch die Wechsel konnte man gut auch hinter Hunters Fassade schauen.
Der Handlung stehe ich allerdings mit gemischten Gefühlen gegenüber.
Der erste Teil, in etwa bis Seite 150, hat sich wahnsinnig gezogen. Natürlich bedarf es stets einer guten Einleitung, sodass wir mit Charakteren, Atmosphäre und der Uni-Welt zurecht kommen, doch war mir diese Einleitung auf jeden Fall zu lang. Es passiert nicht viel, die Handlung plätschert sehr vor sich hin und obwohl es sich flott lesen lies, hat es sich sehr gezogen.
Zum Glück nimmt die Handlung anschließend immer mehr an Fahrt auf. Doch wirklich mitreißend wird sie erst auf den letzten Seiten, in denen allerdings zu viele Höhepunkte nacheinander gestaut werden. Für ein Buch des Genres ist es mit 469 Seiten nicht wirklich dünn und trotzdem wurden alle wichtigen Themen auf wenige Seiten gequetscht. Es hätte sich so angeboten, diese Themen auszufächern, nach und nach zum Vorschein kommen zu lassen und nacheinander zu behandeln. Doch hier kam alles Schlag auf Schlag. Was am Anfang an Spannung gefehlt hat, kam am Ende doppelt.
Und dabei wurden super wichtige Themen angesprochen! Raelyn hat eine spannende Vergangenheit und ein interessantes Verhältnis zu ihrer Mutter, was jedoch in wenigen Seiten abgehandelt ist. Hier gab es so so viel Potential schöne Entwicklungen zu beschreiben und auf die entsprechende Thematik einzugehen, doch leider gab es das nicht.
Aber auch Hunter verbirgt ein Geheimnis, aus dem man deutlich mehr hätte machen können. Ich finde es immer sehr wichtig, wenn dieses Thema in Büchern aufgegriffen wird. So kann man die Leser*innen gut damit vertraut machen und sie sogar dafür sensibilisieren. Doch leider wurde es nur kurz angesprochen, glücklich abgehandelt und fertig. Das hat mich noch mehr enttäuscht, als Raelyns Vergangenheit. Ich finde, wenn man schon das Fass mit dem Thema aufmacht, dann sollte es auch wirklich thematisiert und nicht auf zwei Seiten abgehandelt werden. Weiter unten werde ich nach einer Spoiler-Warnung noch einmal darauf eingehen.
Insgesamt kann ich sagen, dass ich das Buch ganz nett fand, aber nicht überragend. Ich liebe College-Geschichten, doch diese hat ihr (großes) Potential einfach nicht ausschöpfen können. Wir hatten hier wirklich sehr schöne Szenen, das ganze Feeling hat mich total erreich und der Schreibstil war wirklich sehr angenehm zu lesen. Leider ist es letztendlich an der ungleichen Verteilung der Spannungsmomente und der Gewichtung der Themenbehandlung gescheitert.
Achtung, Spoiler! Klicke auf diesen Satz, um die Spoiler lesen zu können!
Ich möchte doch noch kurz erklären, was ich mir mehr für die Handlung gewünscht hätte. Wir erfahren sehr schnell, dass Raelyns Vater gestorben ist und wir merken auch früh, dass ihre Mutter einen sehr großen Beschützerinstikt hat. Im weiteren wird schließlich erklärt, dass die Sorge ihrer Mutter deutlich größer ist, als zunächst angenommen und dass Raelyns Schüchternheit und unsichere Art durch ihre ehemaligen Mitschüler kommt, die sie gemobbt haben. Das ist ein sehr großes und wichtiges Thema, das einfach nur schnell erklärt wurde. Es gab ein, zwei Rückblenden und nach einem klärenden Gespräch mit der Mutter, haben sich beide urplötzlich zum Besseren gewandelt. Hier hätten weitere Rückblenden, mehr Gespräche mit der Mutter und eventuelle Aufklärungs-Ansätze über Mobbing sehr geholfen. Noch enttäuschter war ich bei Hunter und seiner bipolaren Erkrankung. Auf den letzten Seiten wirft er Raelyn das Wort vor die Füße, erklärt ein, zwei Sätze dazu, Raelyn sagt „ich liebe dich trotzdem“ und das Thema ist abgehakt?? Da war ich super enttäuscht. Die Krankheit und allgemein das Thema psychische Krankheiten ist so so komplex, das kann man doch nicht in zwei Seiten abhandeln! Auch hier hätte schon viel viel früher angesetzt werden müssen. Es werden zwar ansatzweise Hunters Phasen gezeigt, welche von zurückgezogenem Workaholic über gereizt und gestresst bis zu freien und glücklichen Motorradfahrer gehen. Aber das ist schließlich nicht alles, was in der Krankheit passiert. Ich selbst kenne mich hier nur bedingt aus, aber genau deswegen finde ich es so wichtig, so etwas gut aufzuziehen. So kann einem das Krankheitsbild etwas klarer gemacht werden und so könnten Außenstehende diese Krankheit vielleicht etwas mehr verstehen. Natürlich erwarte ich nicht, dass die Autorin von Liebesromanen die komplette Darstellung und Aufklärungsarbeit einer psychischen Krankheit leistet. Doch erwarte ich schon, wenn sie einem Protagonisten diese Krankheit gibt, dass das auch Thema der Handlung wird. Es hätte schon eher angesprochen werden sollen, sodass auch Raelyn sich mit dem Thema hätte auseinander setzen können. So hätten sie es gemeinsam aufarbeiten können, wir hätten mehr Einblicke in das Thema erhalten und ich wäre zufriedener gewesen. So war es mir einfach zu plump. Als müsse das große Geheimnis eben noch gelüftet werden und fertig. Jetzt habe ich mich wirklich noch ein wenig in hochgeredet, aber es musste einfach noch raus. Wäre das anders in die Handlung mit eingebaut worden oder meinetwegen auch gar nicht erst thematisiert, hätte mir das Buch noch einen Ticken besser gefallen.
Fazit
Eine nette Geschichte, von der ich beim Lesen mehr erwartet hätte. Die Idee und auch die Ansätze haben mir sehr gut gefallen, doch leider hat die Handlung mich nicht begeistern können. Wo der Anfang sich sehr gezogen hat, war der letzte Teil von Höhepunkten überflutet. Es wurde wichtige Themen angeschnitten, die leider zu schnell wieder fallen gelassen wurden. Ich bin dennoch gespannt auf die folgenden Teile.
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